Page 127 - Conrad Schirmann Artbook Deutsch
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Das Auftragen und Abtragen sorgt für das Geheimnis im
            Zusammenspiel aus Oberfläche und Struktur, nie das Gewebe der

            Bespannung. Manchmal stellt er die Leinwand auf den Kopf, manchmal
            lässt er sie drei Tage ruhen. Dann stimmt sie in den meisten Fällen.


            Wenn nicht, arbeitet er weiter.



            Die Werke tragen Nummern, keine Titel. Die will Schirmann nicht, und
            dafür ist man geradezu dankbar. Er überlässt es den Betrachtern, zu
            sehen, was sie sehen wollen, können, müssen. Keine Vorgaben oder

            Beeinflussung. Abstraktion verlange nicht nach Erklärungen, sagt er.
            Sie braucht keine. Sie arbeitet mit Stimmungen, die die Lasuren
            durchbrechen und formen.



            Schwebende Hieroglyphen, meditative asiatische Klänge, Stoffmuster,
            Spiegelungen. Korallen und Flammen. Es geht um Lebenslust und
            Dunkelheit und Trost. Um Zufall und Kontrolle. Die Bandbreite der
            Assoziationen ist groß.



            Und bei aller Abstraktion natürlich auch mit der Biografie verknüpft.
            Der 1957 in Kiel geborene Conrad Schirmann lernt von seinem Vater das
            Fotografieren und geht mit ihm auf „Stimmungsfang“. Das schärft

            seinen Blick und macht ihm die Bedeutung von Technik klar: Tiefe ist
            abhängig von der Kraft des Lichts.







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